Ortsplan und Bilder von Schönwalde

 

Einblicke in die Schönwalder Geschichte

Schönwaldes Wege kreuzte er nicht auf seinen Wanderungen durch das Havelland, obwohl von Schönwalde die Rede war, als Theodor Fontane mit seinem erprobten Reisegefährten und Freund, Bernhard v. Lepel, "ein pommersch Blut", am Sonntag vor Pfingsten des Jahres 1871 den Brieselang erkundeten. Geführt durch den Schönwalder Lehrer Krüger, "ein Autochthone dieser Gegend", wie ihn Fontane bezeichnete, kam das Gespräch auf Wildstand, Wilddiebe und letztlich auch auf die Walddiebe, zu denen der Schönwalder Reisegefährte neben vielen "Hunderten von Menschen", die aus dem Wald "ihre Nahrung oder doch einen Teil ihres Erwerbes ziehen", auch mehr als "zwanzig Arten von Jägern zählte, die hier im Brieselang zu Hause sind". Ergänzend führte Krüger aus: "Ich will Ihnen nur ein halbes Dutzend nennen, die Kräuterjäger, die Käfer-, Fliegen – und Insektenjäger, die Ameisenjäger." Um dann unter Hinweis auf die Schönwalder Gemarkung fortzufahren: "Auf dem Schwanenkrug versammeln sich im Juni allerlei Gestalten, jung und alt, die Jagd auf wilde Rosenstämme, auf ‚Hagebuttensträucher’ machen, während andere, etwas früher schon, aber mit derselben Pertinazität, dem jungen Faulbaum nachstellen." Vom Schwanenkrug also, der aus den Jahren 1784/85 – von einigen Anbauten abgesehen- in seiner ursprünglichen Gestalt erhaltenen Gaststätte war die Rede, die einer der 29 Schenkkrüge der Stadt Spandau darstellte, in denen nur Spandauer Bier gezapft werden durfte.

Was hätte Fontane sehen können, wäre die Reise nicht nach Finkenkrug sondern nach Schönwalde gegangen ? Schönwalde, ein Dorf, vermutlich Ende des 12. Jahrhunderts, möglicherweise auch erst später gegründet, zumindest urkundlich 1437 aufgrund eines Lehensprozesses der Familie v. Hake als Schonenwalde erwähnt. Die Dorfkirche, ein Putzbau aus dem Jahre 1737 mit dreiseitigem Ostschluss und eingezogenen quadratischen Westturm. Darin die von dem berühmten Orgelbauer Joachim Wagner (1690-1749) im Jahre 1739 geschaffene Orgel, eine Auftragsarbeit des damaligen Gutsherrn Otto v. Rosey.

Das Gut war von 1437 bis zur Teilung des ritterlichen Anteils in dem Besitz der Familie von Hake; seit 1628 wechseln die Besitzer in schneller Folge: vom Kammerdiener Voutzen (1628), dem Münzmeister Müller (1629), dem Geheimrat Sebastian Striepe (1640), dem Gerichtsrat Tornow (1646), seit Ende des Dreißigjährigen Krieges in den Händen der Familien v. d. Knesebeck (1650-1668), v. Putlitz (1668-1669), v. Börstel (1669-1698), des Generalleutnants v. Brand (1698) und von 1698-1741 in den Händen der Familie du Rosey, bis es 1747 der Geheime Rat Johann Conrad v. Risselmann erwarb, dessen Familie bis 1938 hier ansässig war.

Theodor Fontane war die Familie Risselmann wohl ein Begriff, gerade in seiner Reisebeschreibung durch den Brieselang, die 1871, am 4., 11. und 18. Juni in der Sonntagsbeilage der "Vossischen Zeitung" vorabgedruckt und 1872 als Buchkapitel in die Erstausgabe des dritten "Wanderungen" – Bandes Osthavelland (1873) eingegliedert, zählt er sie unter den landsässigen Familien des märkischen Adels auf: "Der glitzernde Wald, das verschneite Haus, auf dessen weißes Dach die roten Lichter fielen, und um das Feuer herum, in Pelze gewickelt, all die havelländischen Bredows, die Ribbecks, die Hünekens, Erxleben von Selbelang, Risselmann von Schönwalde, dazwischen die Pastoren in ihren Filial-Reisemänteln, endlich die Kutscher und Knechte mit ihren Pferdedecken."

Wer also war die Familie v. Risselmann ? Gerade im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Siedlung Schönwalde lohnt sich ein Blick in die Familienhistorie:

Die Risselmanns entstammen einer angesehenen Bremer Kaufmannsfamilie. Johann Conrad v. Risselmann kommt aber aus Frankfurt/Oder, wo sich sein Vater, der Handelsherr Johann Georg v. Risselmann, mit dessen Schwiegervater, dem Professor und Prediger Bergius, niedergelassen hatte. Dort gelangen Vater und Sohn Risselmann zu hohem Ansehen. Schönwalde wird als Gutsbesitz in der ersten Hälfte des 18. Jh. von dem 1670 geborenen Preußischen Geheimen Justiz – und Ravensburger Appellations-Rat Johann Conrad Risselmann erworben. Er begründet damit die Familie v. Risselmann mit Stammsitz Schönwalde und erwirbt daneben auch die Güter Crussow, Neu-Galow, Stützkow, Grünadel, Klein-Mantel und Trebus. 1746 von Kaiser Franz I. in Wien in den erblichen Adelsstand erhoben, erhält er ein geviertes Wappen verliehen, welches, in Würdigung seines hohen Ansehens, im ersten und vierten Teil in Gold einen golden gekrönten schwarzen Adler zeigt. Der zweite und dritte Teil des Wappens zeigt einen blauen wilden Mann in Silber, auf dem gekrönten Helm mit schwarz goldenen, links blau-silbernen Decken, ein Reis zwischen offenem schwarzen Fluge.

Johann Conrad v. Risselmann stirbt in Schönwalde am 4. Oktober 1747. Bei seinem Tode erbt sein ältester Sohn Conrad Ludwig, Schönwalde, der zweite Sohn erhält Crussow, die anderen Güter fallen an die Töchter im Rahmen von Mitgiften. Als der zweite Sohn kinderlos stirbt, vereinigt der ältere wieder die beiden Güter Schönwalde und Crussow in einer Hand. Diese beiden Güter blieben bis in das 20. Jh. im Besitz der Familie v. Risselman. Im 19. Jh. wurden die Güter Matschdorf und Görbitsch dazu gekauft, wovon Matschdorf durch Erbfolge in den Besitz der Grafen Finck v. Finckenstein überging. Die Familie v. Risselmann gewann durch Heiraten im Laufe der Zeit einen vielseitigen und keineswegs uninteressanten Verwandtschaftskreis. Hier finden sich Namen wie: v. Beeren a.d.H. Stolzengagen, v. Bennigsen, Binder, Brückner, Buirette von Oehlefeld, v. Guretzki-Kornzitz, Hoffmann, v. Knobloch, v. Krause, Lutter, Frhrn. v. Maltzahn, v. Morozowicz, v. Spieß, v. Tauentzien, v. Tieffenbach, Vogel v. Frankenstein sowie v. Zychlinski. Die Grafen bzw. Gräfinnen Finck v. Finckenstein treten wiederholt als Ehepartner auf, mehrfach haben Risselmann wieder Risselmann geheiratet.

Ende der Zwanziger, Anfang der dreissiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts verkauft Major Reinhard v. Risselmann – möglicherweise unter dem Eindruck der Agrarkrise – Teile seines Grundbesitzes. Die Siedlung Schönwalde, parzelliert durch die namhafte Immobilienfirma Schrobsdorff mit Sitz in Berlin-Westend, entsteht. Erste Käufer finden sich ein; Straßen mit Namen wie "Große Kurpromenade, Straße des Neuen Westens, v. Risselmann-Ring" etc. entstehen. Nicht unerwähnt seien in diesem Zusammenhang die sog. Risselmannschen Schenkungen, in denen sich der Verkäufer zur Durchführung der geplanten sozialen und städtebaulichen Maßnahmen in Verträgen auf Grundlage genehmigter Generalsiedelungspläne im Interesse der Käufer verpflichtete, erhebliche Grundstücksflächen an die Gemeinde Schönwalde als öffentliche Körperschaft aufzulassen. Bei diesen Flächen handelte es sich um das im damaligen Siedlungsplan ausgewiesene Gelände für

  1. Plätze, öffentliche Anlagen, Grün- und Freiflächen (Kurpark),
  2. Schulen, Kirchen, Verwaltung, Feuerwehr und dergleichen,
  3. Spiel- und Sportanlagen (Stadion)
  4. Bade- und Bootsanlagen

in einem Umfang von etwa 600.000 qm.

Zählte Schönwalde 1925 noch 399 Einwohner, so gelang es auf Grund der Parzellierungsmaßnahme die Zahl der Einwohner stetig zu steigern. 1937 waren 2000 Einwohner verzeichnet; Krieg und Nachkriegszeit, insbesondere die Grenzziehung verhinderten den weiteren Anstieg. Erst mit dem politischen Umbruch 1989/90 begann die Einwohnerzahl Schönwaldes (Siedlung und Dorf) wieder zu steigen und nähert sich der Sechstausender Marke (2008: ca. 5.500).

Martin Möllhoff-Mylius M.A.

Hinweis: Die Zitatstellen sind entnommen aus: Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Dritter Teil – Havelland – Hrsg. von Gotthard Erler und Rudolf Mingau, Frankfurt am Main 1989, S. 120 ff.

Weiterführende Literatur, insbesondere zur Geschichte Schönwaldes, kann in der Gaststätte Schwanenkrug sowie bei der Gemeindeverwaltung erworben werden. In diesem Zusammenhang verweisen wir besonders auf die "Chronik von Schönwalde", Band 2, "Die Siedlung" von Herrn Oberstudienrat Udo Lassak.

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